Die Sommerferien sind vorbei und die kalte Jahreszeit nähert sich. Viele Unternehmen suchen Lösungen, um einerseits weiterhin ein angenehmes Arbeitsklima zu gewährleisten und andererseits der Forderung Energie zu sparen, nachzukommen.
Motivation liegt dabei im Bereich Umweltschutz, natürlich aber auch in der Kostenkontrolle.
Energiesparideen sind z. B. die Abschaltung aller Durchlauferhitzer in Schulen, Kindertagesstätten und Verwaltungsgebäuden an den Handwaschtischen. Auch über die Absenkung der Raumtemperatur in Büros von bislang 21-22°C auf 20° C wird diskutiert. Immerhin führt ein Grad Temperaturabsenkung zu ca. 8% Energieeinsparung. Aber auch gesetzliche Rahmenbedingungen müssen beachtet werden.
Laut Arbeitsstättenregel müssen Toilettenräume mit Handwaschgelegenheiten ausgestattet sein. Eine Wassertemperaturvorgabe wird hier nicht gemacht, d.h. kaltes Wasser zur Handwaschung wäre zumutbar.
Im Bereich von Bauhöfen und in Kläranlagen ist dies jedoch anders. Der Arbeitgeber muss Duschen und Handwaschgelegenheiten mit warmem Wasser bereitstellen. Um einer Verkeimung in Leitungsnetzen bzw. Wasserspeichern vorzubeugen, muss das Wasser in Wasserspeichern zeitweise auch auf 60° C erhitzt werden.
Eine Absenkung der Temperatur des Duschwassers könnte dazu führen, dass Mitarbeiter an ihrer Arbeitsstätte das Angebot einer Dusche nicht mehr nutzen. Unmut ist vorprogrammiert.
Da viele Mitarbeitende in Bereichen mit hoher Schmutzbelastung im Niedriglohnbereich arbeiten, werden sie durch die hohen Energiepreise ohnehin stark belastet. Zwingt man diese Beschäftigten dazu, ausschließlich zu Hause warm duschen, verlagert man die Energiesparproblematik weiter in den privaten Bereich.
Zu den Raumlufttemperaturen allgemein besagt die Arbeitsstättenregel ASR 3.5 folgendes:
Die richtige Lufttemperatur steht in Abhängigkeit von Arbeitsschwere und Körperhaltung des Mitarbeitenden. Können die Mindestwerte der Lufttemperatur aus technischen Gründen nicht erreicht werden, müssen Schutzmaßnahmen gegen zu niedrige Temperaturen ergriffen werden.
Das sollen zuerst einmal technische Maßnahmen wie Wärmestrahler oder Heizmatten sein, dann folgen organisatorische Maßnahmen wie z.B. Aufwärmzeiten oder personenbezogene Maßnahmen, wie geeignete Kleidung.
Raum- und Gebäudezustand sollten auch in Betracht gezogen werden, um eine faire und angemessene Temperatur für alle festzulegen. Besonders im Bereich öffentlicher Liegenschaften ist der energetische Zustand von Fenstern und Fassaden nicht mehr zeitgemäß.
So führt der Luftzug durch ein undichtes Fenster für den davor arbeitenden Mitarbeiter zum Bedürfnis einer erheblich höher eingestellten Raumtemperatur.
Mögliche Lösungsansätze in Bürobereichen umfassen eine Erhöhung der Luftfeuchtigkeit, denn bei gleicher Raumtemperatur wird ein Raum mit höherer Luftfeuchte als deutlich angenehmer und wärmer empfunden.
Im Übrigen kann der Arbeitgeber Veränderungen des Raumklimas nicht ohne Zustimmung und Beteiligung des Personalrates festlegen.
Ein Aspekt aus den letzten zwei Jahren darf auch nicht vergessen werden. Gleichzeitig Energie zu sparen und anderseits zum Beispiel in Schulen oder Büros pandemiegerechte Lüftungskonzepte zu realisieren gleicht einer Quadratur des Kreises.
Die Regelung des Klimas in Arbeitsstätten ist ein hochkomplexer Bereich, der für alle Mitarbeitenden im hohen Maße mit Arbeitszufriedenheit und Leistungswillen verbunden ist.
Aus betriebsärztlicher Sicht sollte vor dem Griff ans Thermostat eine umfassende Mitarbeiterbeteiligung und die Einholung von Expertenrat stehen. Gerne unterstützen wir Sie dabei.
Herzlichst
Thomas Riebschläger
Betriebsarzt